Weniger Wachstum bringt Gewinn an Lebensqualität

Barthel Pester

14. Februar 2020 – Gemeinsame Pressemitteilung von Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, BUND Ammerland, Küchengarten
Westerstede, Schutzgemeinschaft ländlicher Raum Nord-West, Weniger. Ist. Machbar. – W.I.M. und Naturschutzgemeinschaft Ammerland

Weniger Wachstum bringt Gewinn an Lebensqualität

Rund 250 Interessierte verfolgten gespannt den Vortrag von Prof. Dr. Niko Paech über „Landwirtschaft und Ernährung jenseits wirtschaftlichen Wachstums“. Sechs Organisationen hatten dazu in den Jaspershof in Westerstede eingeladen. Prof. Paech erklärte ausführlich die Chancen, die eine sogenannte Postwachstumsökonomie zur Bewältigung des Klimawandels mit sich bringt. Anschaulich führte er vor Augen, wie das Konsumverhalten gesteuert wird und welche fatalen Folgen der übermäßige Konsum für unsere Lebensgrundlagen aber auch für uns selbst in Form von Krankheiten oder Verlust an sozialer Teilhabe hat. Prof. Paech machte deutlich, dass eine sichere Zukunft nur mit Reduktion möglich ist. Aus seiner Sicht bedeutet das aber nicht Verzicht, sondern vielmehr einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität, wie mehr Zeit zu haben und mehr soziales Miteinander zu erleben. Zentrale Begriffe dabei sind auch Suffizienz und Subsistenz. Suffizienz, was mit Genügsamkeit übersetzt werden kann, beschreibt die Zufriedenheit mit dem, was man hat, sich von Ballast
befreien, der einengt und Zeit raubt. Subsistenz ist in etwa gleichbedeutend mit Eigenproduktion, Selbstversorgung, Instandhaltung und gemeinnütziger Arbeit. Die elementaren Bedürfnisse, wie Essen, Trinken oder soziale Teilhabe wurden im Laufe der jüngeren Geschichte erweitert um Statussymbole, wie SUVs, Flugreisen oder Kreuzfahrten, einem zweiten Fernseher oder einem dritten Smartphone, mit denen aber der Bezug zu den elementaren Bedürfnissen und deren Wert verloren gegangen ist. Wirtschaftliches Wachstum wird paradoxerweise dadurch generiert, dass Güter eine bewusst eingebaute begrenzte Haltbarkeit haben, um sie immer wieder herstellen zu müssen. Innovation kann dagegen darin bestehen, Güter haltbarer und reparierbar zu machen und in dieser Hinsicht weiter zu entwickeln. Das ist nachhaltig und zukunftsfähig.

Foto: Moitz Könnecke

Foto: Moitz Könnecke

Prof. Paech machte auch klar, dass einerseits besonders die flächenentkoppelte, industrielle Landwirtschaft einer der Verursacher des Klimawandels ist. Andererseits ist die Landwirtschaft selbst zugleich das Opfer des Klimawandels! Schon nach den beiden letzten trockenen Sommern gibt es Versorgungsengpässe beim Futter. Klimafreundliche regionale Ernährung ist möglich, wie eine Studie der Hamburger Hafen City 2016 ermittelt hat. Regionale Kreisläufe eröffnen eine ernst zu nehmende Perspektive für die Landwirtschaft, die zudem über Humusaufbau CO2 festlegen kann, um dem Klimawandel entgegen zu wirken. Die Wende müsse von unten kommen, meinte Paech. Es ist eine der großen zivilgesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, diese Wende selbst anzupacken. Viele kleine Projekte könnten Nachhaltigkeit erlebbar machen.
Die Veranstalter sehen den Input von Prof. Paech als Bestärkung in ihrem Bestreben, die Akteure rund um Landwirtschaft, Klima- und Naturschutz mit Verbrauchern zusammen zu bringen. Kontakte, Informationen und Dialoge öffnen Perspektiven und die Bereitschaft, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Diese „Reallabore“, so sein Credo, sind der Baustein für eine neue Zukunft mit nachhaltigem Gewinn an Lebensqualität für alle.

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