Reparieren statt wegwerfen

Barthel Pester

Draußen ist es richtig kalt und drinnen in der lauschig warmen Werkschule wird repariert was das Zeugs hält: Die Nähmaschinen rattern, die Lötkolben dampfen und die Schraubenzieher lösen eine Schraube nach der anderen. Schier unerschöpfliche Kuchenspenden lassen das Auge staunen ob der kulinarischen Vielfalt, fair gehandelter Kaffee und Biotee wärmen von innen. Die von Greenpeace angebotene Kleidertauschbörse wird so intensiv in Anspruch genommen, dass sich die Frage stellt, ob nicht Umkleidekabinen gestellt werden müssten. Auch immer mehr Lebensmittel finden ihren Weg in das Repair Café. Den Foodsharing Gruppen und dem Ernährungsrat sei Dank, dass dergestalt Lebensmittel gerettet werden. Und dann ist da noch eine Besonderheit in diesem Oldenburger Repair Café in der Rosenstraße: Jan spielt spanische Gitarrenmusik. Live und unplugged. In der März-Ausgabe des Repair Cafés hatte Jan zwei Gitarren dabei und flugs fühlte sich ein Besucher berufen auch diese Saiten erklingen zu lassen. Und so spielten sie erstmals zu zweit als hätten sie niemals anderes musikalisch entstehen lassen. Schöner Kaffeetrinken, Kuchen essen und miteinander schnacken geht kaum.

Der Bedarf an zu reparierenden elektronischen Geräten ist ein jedes Mal erheblich. Erkennbar ist auch, wie sehr die Nachfrage im Textilbereich (nähen, flicken, umsäumen, erstellen, umnähen, Reißverschlüsse reparieren, Knopf annähen, …) steigt. Um Menschen nicht enttäuschen zu müssen, die einen Reißverschluss repariert haben möchten oder einen Strumpf gestopft haben möchten, muss der Textilbereich besser ausgestattet sein. Dafür benötigen wir eine weitere Nähmaschine, Stopfgarn, Bügeleisen und Scheren. Wir freuen uns sehr, wenn diese wichtigen Utensilien gespendet werden. Einfach vorbeibringen beim nächsten Mal: Samstag, 07.04.2018, von 14 bis 18 Uhr oder eine E-Mail schreiben an repaircafe.oldenburg@transfer-ol.de. Vorneweg schon einmal ein dickes Dankeschön dafür, sich Gedanken darüber zu machen, wo das Repair Café diese Dinge herbekommen.

Aufgrund der längeren Wartezeiten ist es anzuraten, nicht zu spät zu kommen, um Gegenstände reparieren zu lassen. Es ist schade, wenn du erst um kurz vor 18 Uhr drankommst und der fachmännische Blick der Reparateure erkennen lässt, das bekommen wir in der restlichen Zeit nicht mehr hin. Da trifft es sich gut, dass in Oldenburg immer mehr Repair Cafés entstehen. Das nächste Mal wird repariert am Freitag, den 09.03.2018 von 15 bis 17 Uhr im Gemeindehaus St. Johannes in der Pasteurstraße in Kreyenbrück. Das Besondere dieses Repair Cafés ist es, dass Schüler*innen der IGS Kreyenbrück das Repair Café organisieren. Das Unterrichtsfach „Lernen durch Engagement“ macht das möglich. Toll zu sehen, wie sehr sich diese Jugendlichen reinknien, um die Haltbarkeit von Gegenständen zu verlängern. Dann hat das Repair Café die Stadtgrenze Oldenburgs erreicht: Am Samstag, den 10.03.2018 wird von 14-17 Uhr im Mehrgenerationenhaus Casa in Wiefelstede-Metjendorf, Am Marktplatz 1, repariert. Dort hat das Repair Café Premiere und wir drücken die Daumen, dass alles so geschieht, wie sich die Initiator*innen sich das wünschen. Und im Stadteiltreff Dietrichsfeld in der Alexanderstraße 331 wird am Montag, den 19.03.2018 von 14.30 bis 16.30 Uhr repariert.

Wie ist es zu erklären, dass mittlerweile mehr als 700 Repair Cafés deutschlandweit dabei sind, dass Menschen sich gegenseitig unterstützen? Dabei gibt es die Idee eines Repair Cafés noch nicht einmal zehn Jahre. Und völlig unbekannt ist die Zahl derer Initiativen, die sich in Gründung befinden. Wahrscheinlich gibt es weitere Reparatur Treffs, die nicht-kommerziell tätig sind und Hilfe zur Selbsthilfe verwirklichen, ganz gleich, welchen Namen sie sich geben. Warum engagieren sich immer mehr Menschen ehrenamtlich, warum nehmen immer Menschen an dieser Bewegung teil? Die Antwort darauf ist vielschichtig. Die Begriffe Gemeingut, Allmende, Gemeineigentum und vor allem Commons spielen eine immer größer werdende Rolle. Bedeutet, dass Ressourcen, wie zum Beispiel Zeit, Wissen oder Lebensmittel, aus selbstorganisierten Prozessen des gemeinsamen, am persönlichen Bedürfnis ausgerichteten Reparierens, Nutzens, Prodzierens oder Verwaltens entstehen. Tatsächlich nehmen immer mehr Menschen nicht länger hin, dass ihre technischen Geräte nach kurzer Nutzungsdauer schlapp machen. Repair Cafés unterlaufen durch die Reparaturen Obsoleszenzstrategien und verlängern die Nutzungsdauer von Gebrauchsgütern. Reparatur-Revolution: Ja bitte.

Interessierte und Tüftler*innen können dort Erfahrungen austauschen und eine gute Zeit miteinander verbringen. Ein Repair Café ist auch ein Ort der Begegnung. Diese gibt es halt auch immer seltener und der Mensch ist halt ein soziales Wesen und bedarf einer gewissen sozialen Nähe zu Mitmenschen. Die Veranstaltungen stärken die nachbarschaftliche Kommunikation und gegenseitige Unterstützung und schaffen oftmals auch einen Dialog zwischen den Generationen, wo jede/r seine/ihre Fähigkeiten einbringen, weitergeben und Neues lernen kann. Es gibt auch immer mehr Menschen, die versuchen Müll zu vermeiden, Ressourcen zu sparen, damit die Umwelt zu schonen und nachhaltige Lebensweisen in der Praxis zu erproben. Dabei sind sie nicht mehr zu übersehen: Eine neue Generation von Do-it-yourself-Aktivist*innen nutzt Oldenburg als Labor für soziale, politische, ökologische und ästhetische Experimente. Ob im Gemeinschaftsgarten oder im Repair Café oder bei Tausch-Events oder in einer Genossenschaft – überall hinterfragen diese Bürger*innen das Verhältnis von Konsum und Produktion, problematisieren den Warencharakter der Dinge und des in ihnen eingeschlossenen Wissens.

Wer von dem Phänomen Repair Café oder der Bewegung Repair Café bislang noch nichts weiß: Gemeinsam reparieren meint hier nicht „kostenloser Reparatur-Service“, sondern gemeinschaftlich organisierte Hilfe zur Selbsthilfe. Getragen wird die Veranstaltung von ehrenamtlich engagierten Helfer*innen und Reparierenden, die ihr Wissen und Können freiwillig und unentgeltlich zur Verfügung stellen, weil sie Interesse an Technik, Selbermachen und Werken haben. Was mache ich also mit einem Toaster, der nicht mehr funktioniert? Mit einem Fahrrad, bei dem das Rad schleift oder mit Mottenlöchern in meinem Lieblingspullover? Wegwerfen? Nein, ganz sicher nicht. Reparieren statt Wegwerfen ist das Motto. Und das am mit viel Spaß an der Sache. Repair Cafés sind einfach eine dufte Angelegenheit. Unsere Gesellschaft benötigt dringend wegen schwindender natürlicher Ressourcen einen Wandel.

Ein Recht auf Reparatur müsste es geben. Hersteller sollten dazu verpflichtet werden, Ersatzteile, Reparaturanleitungen und Softwareupdates zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stellen. Ein Erklärungsansatz: Weil die Politik vor der Wirtschaft kuscht gibt es das Repair Café. Deshalb: Schluss mit Wegwerfen. Im Repair Café wird die Nutzung von Gegenständen verlängert. Neuer, schneller, besser – wir sollten verantwortungsvoller handeln, denn die Vorwürfe sind bekannt: kurzlebige Geräte, unnötig schnelle Produktzyklen, massive Umweltschäden und schlechte Arbeitsbedingungen bei der Produktion. Der Wachstumskritiker Niko Paech erklärt maßvollen Konsum hier.

Für Elektronikgeräte wie Handys und Smartphones gibt es darüber hinaus Alternativen zum Wegwerfen, wenn doch ein neues Gerät her muss. Geschätzte 20–50 Millionen Tonnen Elektromüll fallen nach Schätzungen der Vereinten Nationen weltweit jedes Jahr an, während allein in Europa 2016 beispielsweise 891 Millionen Geräte allein im Bereich Unterhaltungselektronik neu gekauft wurden. Bedenkt man, dass allein die Herstellung eines einzelnen Laptops über 200 kg CO2 produziert, sorgt dieser extreme Technikkonsum für eine erhebliche Umweltbelastung.

Und weil so viele immer wieder nachfragen gibt’s jetzt nicht zum ersten mal Marlies’ Rezept für veganes Mett: 400 ml Wasser, 100 g Tomatenmark, 2 TL Salz, 1/2 TL Pfeffer, 2 Zwiebeln klein gewürfelt, einen guten Schuss neutrales Öl, 100 g Reiswaffeln (ganz klein zerbröseln), Salz Pfeffer, Tomatenmark, Wasser, Zwiebeln, Öl gut miteinander vermischen, falls vorhanden Petersilie zufügen, dann die Reiswaffeln untermischen, einige Std. ziehen lassen. Guten Appetitt. Veganes Mett gibt’s das nächste Mal 07.04.2018 von 14 bis 18 Uhr in der Rosenstraße, versprochen.

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