Jetzt handeln: Bauern und Zivilgesellschaft

Barthel Pester

Das Agrarbündnis Niedersachsen fordert:

Vor der Bund-Länder-Agrarministerkonferenz (AMK) vom 29. – 31. März 2017 in Hannover:
Jetzt handeln: Bauern und Zivilgesellschaft gemeinsam für eine bäuerliche Zukunftslandwirtschaft
„Wir sind bereit für eine umweltschonende und sozial gerechte Landwirtschaft und eine artgerechte Nutztierhaltung. Dazu brauchen wir eine gesellschaftlich akzeptierte Agrarpolitik, bei der viele Bäuer*innen wirtschaftliche Perspektiven sehen und berechtigte Forderungen der Zivilgesellschaft an die Lebensmittelerzeugung umgesetzt werden. Worauf warten die verantwortlichen Landwirtschaftsminister?“, so die Sprecher im Agrarbündnis Niedersachsen, ein Zusammenschluss aus Landwirtschaft, Umwelt, Verbraucher, Tierschutz, Handwerk und Eine Welt. Sie sind heute mit einer selbst geschweißten Skulptur – einem 3,10 m großen schweren Eisenteller – vor das niedersächsische Landwirtschaftministerium gefahren, um ihre Forderungen an Landwirtschaftsminister Christian Meyer zu überbringen. Meyer ist in diesem Jahr Vorsitzender der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern, die in dieser Woche in Hannover stattfindet.
Die Sprecher weiter: „Der große Teller macht deutlich, dass Essen, die Lebensmit-telerzeugung und die wertvolle Arbeit von vielen Millionen Bäuer*innen weltweit alles andere als selbstverständlich sind. Wir fordern die Agrarminister auf, die Agrarexporte zu Dumpingpreisen zu stoppen. Notwendig ist dagegen die Unterstützung von Selbsthilfe- und Marktentwicklungsprojekten, gerade in den afrikanischen Ländern zur Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. In der Tierhaltung fordern wir von der Agrarpolitik einen klaren Rahmen, wohin die Entwicklung gehen soll: Bäuer*innen sind bereit zu einer Tierhaltung mit Auslauf, Weidehaltung und Stroh in den Ställen. Das Schwänzekupieren bei den Schweinen und das Schnäbelkürzen beim Geflügel muss beendet werden. Kommunen brauchen Mitspracherecht bei Überschreitung betrieblicher Bestandsobergrenzen. Förderobergrenzen sehen wir positiv. Für den Ackerbau muss die Einhaltung von Fruchtfolgen mit dem Anbau von Leguminosen, die Begrenzung der Schlaggröße sowie aktiver Wasser- und Klimaschutz auf die Tagesordnung gesetzt werden. Um diese notwendigen Veränderungen in den Ställen und auf dem Acker umzusetzen, müssen die Agrarminister einen Finanzrahmen für diesen Umbau in Höhe von 1 Milliarde Euro/Jahr beschließen, damit viele Bäuer*innen diesen Weg wirtschaftlich mitgehen können. Wir fordern Bund und Länder auf, für die Bereitstellung dieser Mittel zu sorgen, um den Umbau in der Nutztierhaltung und die flächendeckende Ökologisierung des Ackerbaus mit Anreizprogrammen finanzieren zu können. Um das Höfesterben zu stoppen, fordern wir zum einen die mögliche Umschichtung landwirtschaftlicher Direktzahlungen in Höhe von jetzt 4,5 Prozent auf 15 Prozent für umweltschonende Ackerbauprogramme und artgerechte Nutztierhaltung zu erhöhen. Zum anderen muss der Aufschlag der Direktzahlungen auf die ersten Hektare von jetzt 7 Prozent auf 30 Prozent erhöht werden, um die Zahlungen sozial gerechter zu machen und gerade auch den kleinen und mittleren Höfen sowie den ländlichen Regionen eine Perspektive zu geben. Alle Agrargelder sind in Zukunft sozial und ökologisch zu qualifizieren. Um ein erneutes Zusammenbrechen der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise zu verhindern, müssen Marktkriseninstrumente zur Mengenreduzierung eingeführt werden, d.h. der Anstieg der Erzeugung in Überschusssituationen muss sanktioniert und Mengenvernunft belohnt werden. Wir erwarten von der AMK keine beschwichtigende Worte, sondern deutliche Beschlüsse für eine bäuerliche Zukunftslandwirtschaft. Das geht nur mit einer Agrarpolitik, die ökonomisch existenzfähig für viele Höfe, sozial verantwortlich und ökologisch tragfähig ist sowie eine Basis für zukünftige Generationen auf dem Lande und die Akzeptanz der Zivilgesellschaft bietet.“

Ottmar Ilchmann, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Landesverband Niedersachsen, Milchbauer aus Ostfriesland:
„Die Krise in der Landwirtschaft ist nicht vorbei, gerade die tierhaltenden Betriebe stehen enorm unter Druck. Die AbL fordert die Agrarminister auf: Setzen sie ein deutliches Signal gegen das Höfesterben! Konkret fordern wir die Erhöhung der Direktzahlungen für die ersten Hektare, darüber kann jedes EU-Mitgliedsland entscheiden. Die Zahlungen sind dann sozial gerechter und kleinen und mittelbäuerlichen Betrieben wird eine Perspektive gegeben.“

Dr. Claudia Preuß-Ueberschär, Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e.V.:
Die Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft lehnen die stattgefundene und weiter anhaltende Fehlentwicklung in der Landwirtschaft hin zur Intensivproduktion auf Kosten des Tierschutzes sowie auf Kosten der ökologischen Lebensgrundlagen ab. Wir in unserer Schlüsselposition als Tierärzte und in Verantwortung für Mensch, Tier und Natur fordern die Bundesregierung auf, endlich die politischen Weichen für den überfälligen Systemwechsel zu stellen, hin zu regionaler, naturerhaltender Landwirtschaft in bäuerlichen Strukturen. Wir fordern alle Verantwortlichen auf, die Exportstrategie und die unsägliche Überproduktion zu Lasten der Tiere aufzugeben, die Würde der Tiere zu respektieren, auf deren Leidensfähigkeit Rücksicht zu nehmen, Ressourcen zu schonen, die Arbeit der Landwirte zu achten und für deren Einkommenssicherheit zu sorgen. Das ist eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben für unsere Gesellschaft und für die Gesellschaften Europas!

Ilka Wäsche, Verband Entwicklungspolitik Niedersachsen (VEN):
„Wer den drohenden Hungertod – wie er derzeit 22 Millionen Menschen in einigen afrikanischen Staaten bevorsteht – auf Dauer verhindern will, muss neben der Nothilfe mit der Umsetzung der UN-Entwicklungsziele und ihrer Agenda 2030 Ernst machen. Der VEN fordert die AMK auf, dafür international Verantwortung zu übernehmen. Dies erfordert die Agrarexporte zu Dumpingpreisen in Entwicklungsländer zu reduzieren und die Subventionen zu Gunsten einer ökologischen und sozialen Landwirtschaft umzuschichten.“

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