Hereinspaziert in das Casino Utopoly

Barthel Pester

Utopoly

Der Untergang der Welt droht – während bei der UN-Klimakonferenz in Paris um einen Klimavertrag gefeilscht wird, hat sich in der Exerzierhalle des Oldenburgischen Staatstheaters ein interaktives Theaterspiel ereignet, das im Rahmen des Themenschwerpunktes „Postkollaps – gemeinsam weniger erreichen“ von dem freien Theaterkollektiv Fake to Pretend eigens für Oldenburg entwickelt wurde.

Ist die Welt noch zu retten? Einige wenige Jahre bleiben der Menschheit nur noch auf dieser einen Erde, wenn es wirtschaftlich so weitergehen soll wie in den letzten 200 Jahren der Industrialisierung.  Als Forschungsprojekt an der Schnittstelle zwischen freier Szene, Staatstheater und Universität (in Kooperation mit den Studiengängen „Kulturanalysen“ und „Materielle Kultur: Textil“ der Carl von Ossietzky Universität)macht es alternative Gesellschafts- und Wirtschaftsmodelle des 21. Jahrhunderts spielerisch für das Publikum erfahrbar. Doch die Zeit auf der Erde läuft ab.

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Für das Publikum beginnt dieser Theaterabend mehr als ungewöhnlich, denn die 60 Zuschauer_innen bekommen jeweils drei Haselnüsse in die Hand gedrückt. Das ist die ressourcenschonende, regionale Währung in Utopoly. Und die Bezeichnung Zuschauer_in trifft es von Beginn an nicht, denn die Theatergäste gestalten diesen utopischen Abend, sie entscheiden, wie die Welt sich dreht. Schafft es die Menschheit, dem Untergang der Welt entgegenzuwirken?

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Das kann in den sogenannten charter cities funktionieren, in Städten also, die unabhängig sind und die eine eigene Verfassung haben. Ein gutes Leben, völlig basisdemokratisch, selbst gestaltet. Eine hinreizende Utopie. Oder wie wäre es mit Seasteading? Einer eigenen kleinen Welt irgendwo auf den Ozeanen? Das Land ist vergeben, als freie Fläche bleibt also das offene Meer. Auf einem Kreuzfahrtschiff oder auf einer ausgedienten Bohrinsel soll dieses Leben mehr sein als eine Auszeit vom gesellschaftlichen Korsett. Oder wie wäre es mit der Postwachstumsgesellschaft bei uns im Nordwesten? Entrümpelt und entschleunigt, austariert zwischen Selbst- und Fremdversorgung in einem regionalen Markt mit dem Ziel, seinen CO2-Fußabdruck auf zwei bis drei Tonnen im Jahr zu reduzieren?

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Dieser Theaterabend wird von seinen Gästen gestaltet. Wie setzen sie sich mit der Zukunft auseinander? Welcher Utopie folgen sie oder vielleicht erfinden sie an diesem Abend im Casino Utopoly eine ganz andere Vorstellung von einem guten Leben? Wie auch immer, die Menschheit entscheidet an diesem Abend in der Exerzierhalle des Oldenburgischen Staatstheaters.

 

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